Saturday, October 27, 2012

אוניברסיטה - Uni

### GANZ VIELE FOTOS SIEHE UNTEN ###


Haifa!

Okay, ich hätte früher schreiben sollen, das Ganze ist jetzt 2 Wochen her, ich werde versuchen, es so gut wie möglich zu rekonstruieren!
Am Sonntag klingelte mein Wecker um 9, Dror war schon weg zur Arbeit (Sonntag ist hier ja der erste Tag der Woche, das Wochenende ist Freitag und Samstag), ich packte meine letzten Sachen ein und wartet auf meine Mitfahrgelegenheit. Welch ein Service: Vor der Haustür abgeholt, bis direkt zur Uni gefahren, für 5 Euro! Und dabei kostet Sprit hier genauso viel wie in Deutschland!
Das Unigelände ist riesig; ich fragte nach meinem Studentenwohnheim “Federman Dorms” und wurde durch unzählige Gebäude geschickt, alle von ihnen gnädigerweise mit einem Fahrstuhl versehen, sodass mein Koffer mich nicht übermäßig behinderte. Dort angekommen wurde ich auf den „Moadon“ verwiesen (das heißt übersetzt einfach Club), wo ich mich mit meinem Gepäck einfinden solle; dieser befand sich glücklicherweise direkt neben dem Federman Dormitory, und ebenfalls neben einem Minimarkt, der erstaunlich gut ausgestattet ist (unser gesamter Hausstand wurde hier erworben!).
Im Moadon saßen noch zwei andere Mädels, Amerikanerinnen. Mit einer von ihnen, Avry, unterhielt ich mich länger, während wir unsere Formulare ausfüllten. Dann wurden wir mit unseren Zimmerschlüsseln ausgestattet und zogen in die jeweiligen Appartements; meins ist die 119 im 1. Stock, den Koffer nur eine Treppe hoch tragen, und direkt wurde mir Hilfe angeboten, lässig. Das Appartement selbst besteht aus einem Koch-/Wohnraum, einem Bad mit separater Dusche und separatem Klo und drei Schlafzimmern mit jeweils 2 Betten, Schreibtischen und Schränken sowie einigen Wandregalen. Also eher spartanisch, ein Bad mit 6 Personen, aber es klappt bislang erstaunlich gut. Später zog Daniela in eines der anderen Zimmer, ein Mädchen aus Texas, deren Vater Jude ist und die einen Freund in einem Moschaw (ähnlich einem Kibbuz, so eine Kollektiv-Siedlung) etwa 2 Stunden entfernt von Haifa hat.
Die Uni selbst liegt oben auf dem Berg, ganz oben, neben dem Nationalpark „Karmel“ (so heißt der Berg); man hat von der Uni einen unglaublichen Blick, aber der Campus ist eine eigene kleine Welt, gerade weil die Stadt selbst recht weit weg ist (30-40 Minuten Busfahrt immerhin). Es gibt auf dem weitläufigen Gelände Geldautomaten, Cafés, eine Post, Copyshops, den kleinen Supermarkt, einen Handyladen/Telefon- und Internetanbieter, einen Buchladen (mit Studentendiscount!) und verschiedene Caféterias. Unter der Woche ist vor dem Hauptgebäude immer (Floh-)Markt, wo verschiedene Händler Kleidung, Schmuck, Taschen etc. anbieten (das „Floh“ in Klammern, weil es sich um professionelle Verkäufer und Ware aus erster Hand handelt). Noch immer hatte es nicht geregnet; das Wetter war sonnig und warm wie schon zuvor.
Mit Daniela unterhielt ich mich lange, im Moadon trafen wir noch viele andere internationale Studierende und ich lernte Steffi aus Emsdetten (!) und Lena aus Münster kennen.
Abends fuhren wir mit allen in die Stadt, zu einer Bar. Sara aus Polen, Daniela und ich entschieden uns, etwas herumzulaufen, bis zum Carmel Center (da war auch das Film Festival) und aßen eine Kleinigkeit bei Aroma.
Am nächsten Tag trank ich mit Daniela morgens Kaffee, außer uns wohnte noch keiner in unserem Appartement, die reguläre Uni beginnt eine Woche später. Um 8 Uhr begann eine Campusführung, die wir knapp verpassten; wir holten aber zur offiziellen Begrüßung wieder auf. Jeder stellte sich einzeln vor, mit Namen, Herkunft und Heimatuni/Studienfächern. Die meisten Amerikaner_innen, aber auch viele Deutsche, unter anderem eine Jungsfraktion aus Bremen.
Nachmittags erhielten wir eine Bibliothekseinweisung, abends saßen wir alle gemeinsam auf den Bänken vorm Moadon und wurden später mit Trommeln bespaßt, zwei Trommler mit 1000 verschieden Trommelinstrumenten brachten uns einen Rhythmus bei. Mit Sara, Ted und Jan aus Polen saß ich später noch bei einem Bier zusammen.
Am nächsten Morgen war der Hebräisch-Einstufungstest; ich hatte wie einige andere auch meinen bereits zu Hause gemacht und abgeschickt, darum musste ich nur noch in den mündlichen Test. Nachmittags begannen die ersten Kurse. Die ersten zwei Wochen waren „Schnupperwochen“, ich besuchte sehr viele Kurse. Den Rest der Woche fasse ich kurz zusammen: Ich kam in Kurs 6 von 7 in Hebräisch, aber auch wenn ich erstmal stolz war, ist es sooo schwierig! Wir lesen reguläre Tageszeitungen und Kurzgeschichten, und nur dank meiner super netten Mitbewohnerin Adi verliere ich nicht völlig meine Motivation. Von den angebotenen Kursen entschied ich mich für 2 aus dem Anthropologie-Bereich (Jewish Ethnic Groups und Contemporary Israel) sowie 2 aus dem Bereich Kommunikationswissenschaften (Media in War and Crisis und Media, Politics und Public Opinion, beide bei der gleichen Dozentin). Alle Kurse sind auf Englisch. Die regulären Kurse dauern 3 Stunden, einer dauert 4. Dazu kommen jeden Morgen 2 Stunden Hebräisch, das Ganze Montag bis Donnerstag. Hebräisch wird auf Hebräisch unterrichtet, zumindest in Stufe 6. Erster Satz der Dozentin: „Die Israelis sprechen nicht langsam, und damit ihr euch dran gewöhnt, spreche ich auch nicht langsam, nechon!?“. Oh, äh, alles klar. Mann ey, Hauptsache.
Zusätzlich zu den Stunden in der Uni, die ja soweit machbar sind, kommen unglaubliche Mengen an Haus- und sonstigen Arbeiten: in Hebräisch schreiben wir alle 2 Wochen einen Test, wovon jeder in die Endnote eingeht, besonders aber das Zwischen- und Endexamen. Zusätzlich seitenweise Hausaufgaben und Übersetzungen. In beiden Kommunikationskursen müssen wir jeweils pro Woche 50 bis 100 Seiten lesen und jeweils 4 Kommentare schreiben, die wir der Dozentin schicken. Es gibt auch in diesen beiden Kursen jeweils eine Zwischen- und eine Abschlussprüfung. Abschlussprüfungen entsprechen Hausarbeiten, also 10-15 Seiten Text. In den anderen beiden Kursen sieht es ähnlich aus, minus Kommentare. Außerdem muss man in jedem der Kurse eine Präsentation halten einmal, auch in Hebräisch (auf Hebräisch). Wochenende, ade!
Auf dem Campusgelände gibt es außerdem übrigens ein kleines Keller-Fitnesstudio – und einen Tennisplatz! 2 Mal pro Woche gibt es Tennisunterricht bei Robi, es macht super viel Spaß und die anderen Spieler_innen sind wirklich nett, sie bringen mir Wörter bei, mit Ofir spiele ich noch ein bisschen nach Ende der Stunde, wenn der Platz frei ist, und Robi selbst ist Veganer und macht demnächst ein eigenes Restaurant in Haifa auf; er hat mir Tipps für vegane Läden etc. in Haifa gegeben. Und es macht so viel SPASS endlich wieder Tennis zu spielen!!! An der FU wird das leider immer nur früh morgens angeboten, hier ist es mittwochs und sonntags je um 19 Uhr.
In der Woche haben wir abends oft zusammen gekocht, draußen gesessen, es gab Info- und andere Veranstaltungen im Moadon und ich habe mich für ein Freiwilligenprogramm gemeldet, bei dem ich 2 Stunden die Woche entweder in einer Tierauffangstation oder mit Holocaust-Überlebenden arbeiten werde, das entscheidet sich nächste Woche. Ich freue mich drauf! Wir machten auch eine Stadttour mit allen zusammen, in das arabische Viertel Wadi Mussa, zum Markt und in die Deutsche Kolonie, die von unseren Landsleuten ende des 19. Jahrhunderts hier errichtet wurde, deren damalige Bewohner aber auf Grund möglicher Kollaboration mit den Nazis in den 1930er Jahren vertrieben wurden.
Am Wochenende ging ich mit Lena und Steffi ins Grad Canyon (Canyon heißen hier die Shopping Malls) und wir gingen in einem richtigen Supermarkt ein paar Basics einkaufen. Dann fuhren wir in die Deutsche Kolonie in der Innenstadt nahe des Hafens und der Bahai-Gärten (dazu später mehr) und aßen Shakshuka bzw. Foccacia in einem Café. Shakshuka ist ein Pfannengericht aus Tomaten, Zwiebeln und Paprika mit Ei und bestimmten Gewürzen.
Leider war die Touristeninformation geschlossen, darum fuhren wir mit einem der letzten Busse zurück zur Uni (die fahren Freitags nur bis 4, wobei man in Haifa immer noch mit Sherutim auskommt, das sind Kleinbusse, die immer durch die Gegend fahren. Haifa ist aber insgesamt die mobilste Stadt des Landes, vermutlich, weil hier die verschiedenen Religionen (friedlich!) nebeneinander wohnen und Christen und Muslime freitags und samstags doch gerne Bus fahren. Hier gibt es auch Nachtbusse und Israels einzige U-Bahn, die immerhin 6 (!) Stationen besitzt.
Abends war Party im Moadon, die Musik war ziemlich lame, sodass der Großteil der Party draußen stattfand. Es war etwas befremdlich: Die Amis, die ja auch früher mit der Highschool fertig sind als wir, sind alle so um die 20, sodass sie zu Hause ja legal gar nicht feiern gehen und trinken dürfen. Die Szenen, die dabei herauskommen, erinnern an frühe Pubertät in Deutschland: Abstürze der feinsten Art, betrunkenes Gekreische und Hormonexplosionen, ein Fest. Staunend stand ich mit Lena, Steffi und Lisa-Marie in der Mitte dieses Geschehens. Auch die Polen schien das Bild zu befremden; die deutschen Jungs machten einfach mit, richtig so. Wir unterhielten uns draußen, auch einige Israelis stießen dazu, wir wurden spontan zu einer Grillparty eingeladen. Gegen 3 waren die meisten im Bett.
Samstag ging ich mit Lena im Nationalpark wandern; die Ranger wollten uns den Weg zum Strand nicht zeigen, weil das angeblich 5 Stunden dauert. Nach etwa 2,5 Stunden waren wir in Tirat Carmel, einer Art Vorort von Haifa, noch nicht ganz am Strand. Da es aber Abend wurde (hier wird es immer schon um 5 dunkel, um 6 ist es komplett Nacht), kauften wir uns ein Eis und nahmen eines der Sherutim zu einer Bushaltestelle, von dort einen Bus ins Zentrum und dann einen anderen Bus zur Uni. Jeez, der Weg zurück per Bus dauerte fast so lange wie der zu Fuß hin! Der Wanderweg war übrigens wunderschön, Fotos folgen bald!
Sonntag war ich tatsächlich sehr produktiv, machte Hausaufgaben und lernte etwas Hebräisch (aah, ich hab sooo viel vergessen!). Montag dann wieder Uni.
Dienstag gingen wir mit einigen Leuten ins Attermann, eine Studentenbar mit spezieller Happy Hour am Dienstag. Da unsere Gruppe sehr groß war, konnte man uns aber keinen gemeinsamen Tisch anbieten, darum gingen wir stattdessen ins Beer House, eine auf bayrisch gemachte Bar bei der Cinemateque. Ich unterhielt mich viel mit Patrick aus Bremen, der in Erfurt studiert, und mit Lisa-Marie aus Darmstadt. Wir bestellten Cocktails, die vor allem aus Eis und Schnaps bestanden; da Ersteres aber Zweiteres überwog, wurde dies kein Trinkgelage. Ihr wärt stolz auf mich; bis auf dein einen Abend in Jerusalem war ich hier kein mal auch nur annähernd betrunken! Samar, eine Israelin, die ich ganz furchtbar an eine „super coole“ Freundin ihrerseits aus Frankfurt erinnerte, lud mich spontan zu ihrem Geburtstag nächsten Dienstag im Attermann ein.
Wir nahmen den letzten Bus zurück, gegen 12. Ich konnte nicht schlafen (kann ich irgendwie in dem Dorm Room generell nicht so gut, trotz Jalousien und der Tatsache, dass meine Mitbewohnerin so gut wie nie hier schläft, sondern oft zu Hause oder bei ihrem Freund.
Mittwoch hatte ich super schlechte Laune dank Schlafmangels und war froh, als ich der Uni entkommen und mich in mein Bett verkriechen konnte. Das abendliche Tennistraining heiterte mich auf; mit Ofir spielte ich noch eine halbe Stunde länger. Anschließend wurde ein Film im Moadon gezeigt, der neue Spiderman (haha, legal? Den Untertiteln nach zu urteilen wohl eher nicht, aber Copyright-Gesetze sind hier eh was anderes), suuuper Film (<= Sarkasmus!).
Donnerstag hatte ich wieder meinen 4Stunden-Kurs (Media, Politics & Public Opinion). In der vorigen Woche waren wir zuerst etwa 12, nach der Pause noch 5 gewesen. Diese Woche war ich als einzige Studentin der International School da, außerdem noch 4 Israelis, 3 männlich und 1 weiblich. Sondra (hier spricht man seine Dozierenden mit Vornamen an) Rubenstein fragte mich vor Beginn der Stunde und in der Pause, wo denn alle seien; ich erfand einige plausibel klingende Ausflüchte, Tatsache ist, dass die meisten den Kurs nicht besonders interessant fanden, mich eingeschlossen. Ich war aber froh, wiedergekommen zu sein; Sondra schien zu ihrer Form gefunden zu haben, diese Stunde war um einiges interessanter.
Wir müssen für diesen Kurs eine Kampagne entwerfen, inkl. kompletter Planung, allen in allem 5 Seiten Proposal und 15 Seiten Vorstellung der Kampagne, plus Powerpoint. Ich habe mich entschieden, eine Kampagne über vegane Krankenhausnahrung zu machen, habe schon eine Menge Ideen. Wer weiß, vielleicht starte ich die später wirklich mal!
Donnerstag Abend war Straßenfest in der Masada-Street: 2 Bühnen, kunterbunte Künstlermenschen, alles von Akkustikmusik bis chinesischem Schattentheater, als Highlight eine vielmenschliche Funk-Soul-Jazz-... - Band. Ich lernte Hadas kennen, eine Schauspielerin, die in Haifa Parties organisiert; außerdem unterhielt ich mich zum ersten Mal länger mit Mette aus Dänemark, wir beschlossen, im März zusammen in Flensburg feiern zu gehen.
Mit Lena fuhr ich nach dem Ende des Straßenfestes zurück. Zuhause las ich noch bis halb 5 in „50 Shades of Gray“, das ich mir mit 3 anderen Büchern am Tag zuvor im Book Shop gekauft habe (2 der Bücher für die Uni, außerdem noch 2 Bücher für den Hebräischunterricht, die ich aber schon Dienstag gekauft hatte. Auch Harry Potter auf Hebräisch hab ich mir hier gekauft!).
Freitag hatte ich den ganzen Tag Kopfschmerzen und hielt mich vor allem im Bett auf (übrigens nicht alkoholisch induziert, ich habe es auch Donnerstag bei Weitem nicht übertrieben, obwohl das Bier zum ersten Mal bezahlbar war). Erst abends ging es mir besser und ich machte mich an meine Hausaufgaben. Samstag putzte ich ein bisschen, wusch Wäsche, lernte mit Lena Vokabeln in der Sonne und sah mit ihr später noch die Heute Show online an, wir unterhielten uns bis Mitternacht, dann telefonierte ich noch mit Finja. Morgen fahre ich in die Stadt und schaue mit den veganen Laden mal an, von dem Robi erzählt hat, vermutlich mit Pia zusammen, die hier an der Uni Praktikum macht und mit der ich Hebräisch an der Uni in Berlin hatte. Uund ich muss mir den zweiten Teil der „Fifty Shades“- Reihe kaufen: Das Buch war zuu schnell vorbei! Und leider ist der Berg von Hausaufgaben auch nur unwesentlich kleiner geworden...

Soooo, und hier die versprochenen Fotos (habe die von Lena, weil meine Kamera noch unterwegs ist):


So sehen die Zimmer hier aus (hier Lenas) - wenigstens ist die Aussicht aus dem Fenster super!



Küche


Die Gute Stube


Bad


Aussicht von der Uni


Wir internationale Rasselbande (Teilausschnitt)


 Dorms


Schuk (= Markt) Shopping-Tripp


Wadi Nisnas, Haifas "Altstadt"


Arabischer Zuckerbäcker


Abendbrot bei Lena mit Daniela (links) und Steffi


Straßen in Berge hauen, im Hintergrund das Meer


McDonald's auf Hebräisch


Deutsche Kolonie, im Hintergrund die Bahai-Gärten


Bahai von unten


So sieht's aus (ich habe ein ähnliches Schild für eine spanische Reisegruppe übersetzt, hehe!)


Moadon-Party-Poserbild 


Karmel-Nationalpark #1


#2


Daniela und Lena auf dem Campus, links das Greg's Café


Mette und Lena auf dem Street Festival in der Massada-Street

...neue Freunde?


Shabbat-Dinner in der Uni (links Aida, daneben Violetta; rechts halb im Bild Steffi, dahinter Daphne aus Holland und Mette aus Dänemark


Die Bahai-Gärten von oben


Joa, schon ganz schick hier :)



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