Monday, October 8, 2012

השבוע הראשון - Die erste Woche

So schnell geht das- die erste von etwa 22 Wochen in Israel ist bereits vorbei! Jetzt sitze ich in Drors Wohnzimmer und komme endlich dazu, etwas darüber zu schreiben- aber von Anfang an.

Dror ist der Bruder von Rotem, einer israelischen Freundin, die in Berlin lebt (und liebt). Ich kenne ihn von seinen Besuchen in Deutschland und er bot heldenhaft an, mich während meiner Zeit vor Beginn des Semesters in Israel bei sich aufzunehmen. Er wohnt in Rishon le Ziyyon, unweit Tel Aviv (nun ja, hier ist eigentlich nichts weit von einander weg, außer vielleicht Eilat von den Golanhöhen). Dror war es auch, der mich letzten Dienstag morgen um 4 vom Flughafen Tel Aviv International in Lod abholte. Mit Sekt saßen wir noch bis halb 8 auf dem Balkon, weshalb wir auch bis nachmittags schliefen. Ich kam genau zur Woche des Sukkot, ein Feiertag, an dem die religiösen Juden kleine Holzhütten im Vorgarten aufstellen und alle Mahlzeiten darin zu sich nehmen; im Idealfall schlafen sie sogar darin. Die Restaurants haben auch oft diese Sukkot (Einzahl ist Sukka), damit auch religiöse Juden dort essen. In Jerusalem sieht man sie überall, sonst eher vereinzelt. Mehr Infos zum Laubhüttenfest an üblicher Stelle. 
Nach einem Kaffee fuhren wir in die Stadt, um mir eine israelische Simkarte zu besorgen (ich habe einen super Tarif, mit dem ich umsonst ins deutsche Festnetz telefonieren kann, also her mit den Nummern!). Anschließend liefen wir ein bisschen herum, kauften Obst und gingen später in einem kleinen Restaurant direkt am Meer Pizza essen. 

Mittwoch fuhren wir nach Caesaria, die von Herodes erbaute Hafenstadt, wo wir Rotem, ihren Verlobten (ohoo) Thies und ihre Eltern, sowie Bruder Ronen, trafen. Auf der alten Anlage für Pferderennen boten Kinder, größtenteils mit geistiger oder körperlicher Behinderung, eine von der Geschichte inspirierte Pferdeschau. Anschließend gingen wir Mittagessen, wieder direkt am Meer (naja, seht euch die Karte an: Fast alles in Israel liegt irgendwie am Wasser). Wir trugen alle witzige Hüte gegen die Sonne. Die Eltern bezahlten alles und Drors Mutter lud mich ein, jederzeit bei ihnen vorbei zu schauen, sie bot mir sogar einen Schlüssel an! Wahnsinn.
Rotem und Thies fuhren an diesem Abend nach Jerusalem und ich schloss mich spontan an, Rotems Freundin Oznan bot an, mich aufzunehmen. Angekommen bei Oz gab es Burekkas, kleine Teigteilchen, Bier und viel zu lachen. Thies und Rotem wohnten in einem Hotel und verabschiedeten sich um 9, Oz und ihre Mutter fuhren mich noch ein bisschen herum und ich ging mit Oz noch ein Bier in einer coolen Bar trinken. Neben Bier und Gin Tonic tranken wir auch Arag, den landesüblichen Schnaps, den uns der Barmann ausgab. Oz ließ mich überhaupt nichts bezahlen und ich wusste gar nicht, wie ich mit dieser Großzügigkeit umgehen sollte. Ich versprach aber, mich in Berlin zu revanchieren!

Wir schliefen bis mittags am nächsten Tag und mit leichten Kopfschmerzen machte ich mich nach einem Kaffee auf Richtung Altstadt. Eine Tram fuhr direkt dorthin, ich kaufte mein Ticket auf Englisch und half einer Israeli (true story), ihres zu kaufen. Vom Mount Herzl ging es also nach unten zum Damaskus-Tor, einem der vielen Eingänge zur Altstadt. Mit einem Gefühl, heilige Hallen zu betreten, trat ich durch das Tor - und fand mich inmitten eines arabischen Marktes! Eine Treppe führte nach oben, und sie war gesäumt von Ständen voller Obst, Gemüse, Süßigkeiten, billigen Klamotten und so weiter. Das ist die heiligste Stätte von drei (!) Weltreligionen?? 

Jerusalem

Nun gut, ich ging also bis nach oben und kam ans Jaffo-Tor. Von dort konnte man für eine Spende von 10 Shekel (2 Euro) auf die Stadtmauer; ich begann einen Rundgang. Nach etwa einer halben Stunde wurde ich etwas nervös- ich hatte noch nicht einmal einen Blick auf den Felsendom erhascht, dabei war ich seit etwa 1,5 Stunden in der Altstadt! Nach weiteren 20 Minuten fand ich, was ich suchte: Vor mit erstreckten sich der berühmte Felsendom mit der goldenen Kuppel und die Al-Aqusa-Moschee. Ich verließ die Mauer hier und folgte den Schildern zur Kottl, der Klagemauer. Auf Grund des Feiertages war es sehr voll, ich musste ewig warten an der Kontrollstation, wo man seine Taschen zeigen und durch einen Metalldetektor gehen muss. An dieser Stelle werden Männer und Frauen getrennt.
Ich blieb nicht lange (es ist nun mal erstmal nur eine Mauer), dann verließ ich das Innere der Stadtmauer und lief bergab, bahnte mir meinem Weg, schließlich wieder bergauf und endlich wieder am Jaffo-Tor. Als ich das Damaskus-Tor verließ, war ich etwa 4 Stunden gelaufen und mittlerweile ziemlich fertig. 
Die Tram brachte mich zur Busstation, relativ problemlos kaufte ich ein Ticket und stieg in den Bus nach Rishon. Nun brachte mich die Angewohnheit meiner Blase, immer dann eine Toilette zu benötigen, wenn ich gerade nicht mehr die Möglichkeit dazu habe, wieder einmal in Bedrängnis; dazu hatte ich keine Jacke dabei und durch das A/C im Bus waren etwa 15 Grad. In Rishon stiegen alle Leute aus, bis auf mich und einen anderen. Da der Busfahrer kein Englisch sprach, erklärte ich ihm mühsam, dass ich zur neuen Busstation müsse. Als der andere Fahrgast schließlich auch ausstieg, waren es nur noch wir beide, und er fragte mich auf Hebräisch über meine "Whereabouts". Vor mich hin wippend erzählte ich von Haifa, von Rishon und Jerusalem. Als wir endlich (eeendlich) die Station erreichten, wollte er noch kurz mein Alter und meinen Beziehungsstatus erfragen, aber mit einem verzweifelten "yesh li PIPI" durfte ich dann endlich gehen. Aber immerhin- mein Hebräisch klappt schon besser als gedacht! Zurück bei Dror (ich fand die Straße mit einigen Schwierigkeiten- ich traf die einzigen zwei Israelis, die kein Englisch können!) aßen wir und sahen noch einen Film, dann ab ins Bettchen!

Freitag, der Tag vor Schabat. Wir standen spät auf und fuhren nachmittags nach Yaffo, das zu Tel Aviv gehört und ebenfalls am Strand liegt. Dort gingen wir eine Weile spazieren und schließlich "Toast" essen, was hier ein großer Weizenbagel (wie Simit) mit verschiedenen Belägen und Käse ist, der in einem Sandwichtoaster getoastet wird. Anschließend sahen wir uns den Flohmarkt an. Ich wollte eine Tasche kaufen, doch es stellte sich heraus, dass genau diese Tasche der Verkäuferin gehörte (Mist!). Abends fuhren wir nach Rehovot, wo wir mit Drors Familie inkl. Onkel und Tanten und Cousins und Cousinen zum Schabattessen eingeladen waren. Alle Männer trugen Kippas und standen, während Drors Vater ein Gebet vorliest. Dann geht ein Becher süßer Wein herum, erst die Männer nach Alter, dann die Frauen nach Alter, schließlich die Kinder (die, die wollen). Dann wird das Brot auf die gleiche Art gesegnet, jeder isst etwas Brot und dann kommt das Essen, verschiedene Salate, Dips, ein bestimmtes Sesambrot, Humus, Nudeln, Reis, Fleisch, alles in kleinen Schälchen über den Tisch verteilt. Anschließend Kuchen, Nüsse, Süßigkeiten, am Schabbat dürfen die Kinder alles. Anschließend spiele ich mit der Tante und den kleinen Cousins und Cousinen Buchstaben-Memmory, natürlich mit dem Hebräischen Alphabet. 
Später treffen wir noch einen Freund von Dror, Daniel, der einen Monat in den USA war, und einige Freunde von ihm in einer Bar. Wir kommen recht spät, die anderen gehen schon recht bald, am Ende bleiben noch wir drei übrig, wir sprechen Englisch, wir diskutieren einen Zwischenfall vom Nachmittag:

Am Brunnen in Yaffo spielte ich mit dem Schaum, hatte Spaß, wir waren die einzigen am Brunnen, neben uns eine recht viel befahrene Straße, einige Meter weiter der Strand. Auf einmal sagte Dror zu mir, diese Leute seien nicht sicher, er wolle gehen. Ich sah mich um; zwei afrikanisch aussehende Teenager fuhren mit einem Fahrrad am Brunnen herum und lachten über den Schaum. Ich verstand nicht und fragte nach. Er sagte, die illegalen Einwanderer aus Afrika seien ein Problem, all die Sudanesen, es gäbe viele Überfälle, er wolle nur sicher gehen. Er erzählte von anderen Zwischenfällen, die es gegeben hat, alle haben davon gehört, alle wissen es, ich sei naiv, wenn ich das nicht ernst nähme. Mir blieb fast die Luft weg. Ich dachte darüber nach, aber ich bleibe dabei: So ein verkackter rassistischer SCHWACHSINN! Abgesehen von diesem Bullshit "alle armen Schwarzen klauen" noch dieser Blödsinn "die gehören hier nicht hin", und das in einem Land wie Israel! Als ob die Flüchtlinge mal eben einen kleine Spaziergang nach Israel machen, um hier den Einheimischen ein Stück von Kuchen wegzunehmen. Dror (und auch Daniel) verstand meine Argumentation nicht und blieb bei seiner "du bist ja so naiv"- Schiene. Ich hoffe, ihr seht das anders.
Samstag, Schabbat. Wir machen den ganzen Tag nicht viel, hängen rum, so wie es sein soll am heiligen Ruhetag. Gegen späten Nachmittag fahren wir nach Tel Aviv und holen Rachel ab, eine amerikanische Jüdin (24), die kürzlich die "Aliyah" gemacht hat, will sagen nach Israel eingewandert ist, wie es jedem Juden und jeder Jüdin auf der Welt gestattet ist. Zusammen fahren wir nach Haifa, das etwa 1,5 Stunden entfernt liegt. Hier findet in der Woche von Sukkot das International Film Festival statt, wir haben Karten für eine Deutsche und eine Amerikanische Produktion (für hebräische Filme reicht mein Wortschatz dann doch noch nicht). Vor dem Film gehen wir essen, Rachel ist Veganerin, wir essen beide Salat, ich allerdings mit bulgarischem Käse drin (so heißt Schafskäse hier, gwina bulgarit). Anschließend treffen wir Ziv, den ich über Couchsurfing kennen gelernt habe, er hat 3,5 Jahre in Österreich gelebt und spricht fließend deutsch. Wir gehen über den kleinen Kunstmarkt auf dem Festivalgelände, Ziv kauft ein Bild, dann gehen wir zum Kino. Der Film heißt "Ende der Schonzeit" und handelt von einem deutschen Paar, das 1942 einen Juden bei sich versteckt auf einem Hof an der Schweizer Grenze, sehr sehr sehr zu empfehlen. Die Regisseurin, Franziska Schlotterer, war persönlich anwesend und ich sprach hinterher kurz mit ihr.
Mit Drors Freund Gal und einigen Freunden von ihm gingen wir anschließend noch kurz etwas trinken, es war schon spät. Dror und Rachel schliefen bei Gal, ich bei Ziv da Gal nur Platz für 2 hatte. Siv hatte eine riesige Dachterrasse auf dem Berg Carmel, wir tranken einen Likör (sowas wie Baileys) aus Gläsern, die nur aus Eis bestanden (Eiswürfelgläser, wie cool ist das!?), dann bekam ich mein Bett im Wohnzimmer und wir gingen schlafen.

Nach einem Frühstück am Sonntag brachte Ziv mich zur Bushaltestelle und ich sollte die anderen in der Stadt treffen. Nachdem ich (wiedermal auf Hebräisch, wieso können Busfahrer hier kein Englisch?) den Weg gefunden hatte, zeigte sich, dass mein Handy die Hausnummer falschrum angezeigt hatte (92 statt 29), weshalb ich erst einmal eine Stunde in der Gegend herum lief, bis ich den Humus-Laden gefunden hatte, an dem wir uns treffen sollten. In diesem Fall war Hebräisch quasi überlebenswichtig, und ich war froh, doch schon recht gut klar zu kommen. In dem Moment, in dem ich das Restaurant erreichte, schrieb Dror mir, er sei schon wieder bei Gal, ich solle doch auch kommen. Wir machten schließlich aus, dass er mich ein einer Stunde abholen würde, ich hatte keine Lust auf noch mehr Bus fahren und lief noch ein bisschen herum. Später wollte ich in einem arabischen Imbiss ein Falafel-Sandwich kaufen. Die beiden Besitzer waren sehr nett, unterhielten sich auf Englisch mit mir und ließen mich Vorspeisen mit viiiiel Knoblauch probieren, gaben mir Limonade und schenkten mir am Ende sogar die Falafel, sodass ich völlig perplex ohne einen Schekel bezahlt zu haben den Laden verließ. Wahnsinn!
Dror holte mich ab und wir fuhren zum Kino, um Anna Karenina zu sehen, ebenfalls sehr empfehlenswert, eine Mischung aus Film und Theaterstück, sehr schön gemacht. Zurück in Rishon fuhr Dror noch nach Tel Aviv zu einem Date, ich nutzte seine Abwesenheit für einen Großputz als eine Art Dankeschön dafür, dass ich hier so lange wohne (wow, 3 Stunden, eine Klischee- Jungs WG, eigentlich ganz schön ekelig ;)).

Am nächsten Mittag kam er zurück, es war Simchat Thora, ein weiterer Feiertag, an dem der Beginn der Thora gefeiert wird, ein neuer Zyklus beginnt. Zu meinem Erstaunen bemerkte er meine Putzaktion, die ich hinter einem Cola-Unfall zu tarnen versucht hatte, und freute sich darüber. Ich hatte Angst gehabt, er würde es als Einmischung verstehen oder sowas, aber zum Glück war dem nicht so.
Wir fuhren zu Drors Cousin, wieder war die ganze Familie da, wir kamen verspätet zum Barbecue, auch Rotem war da.
Später fuhren wir zur Oma, die leider Alzheimer hat und nicht viel um sich herum mitbekommt. Sie hat eine philippinische Haushaltshilfe, die mir für die Synagoge ein Kleid lieh (meine Knie waren nicht bedeckt, Schande!). Dort blieben wir nur kurz, die Kinder bekamen Süßigkeiten (alle fröhlichen Feste werden hier süß gefeiert, man sagt auch "Chag sameach ve'metuka", glückliches und süßes Fest) und die Männer tanzten im (separaten) Raum mit den neuen Thora-Rollen und sangen dazu.
Mit Dror fuhr ich danach nach Holon, Daniel war auch wieder dabei, bei einem Freund saßen wir auf der Dachterrasse, rauchten Shisha und aßen Pizza. Er hatte einen deutschen Schäferhund, der früher in der Armee war, und der auch "Platz" konnte. Zum Spaß sagte ich zu ihm "Fass!" als er neben Dror saß. Nichts passierte, aber unser Gastgeber war sichtlich geschockt, da der Hund diesen Befehl in seiner Armeezeit tatsächlich beherrscht hatte. Ich entschuldigte mich 1000 Mal, aber er nahm es mir nicht übel, war nur froh, dass nichts passiert war. Seinen Namen habe ich leider vergessen, aber er war ziemlich witzig und achtete darauf, dass die anderen nicht zu viel Hebräisch sprachen. Seine Freundin Chen studiert auch in Haifa, an der Technion, wir tauschten Nummern aus. Es war ein sehr witziger Abend.

Nun sitze ich hier, es ist gleich 3 Uhr. Morgen fahre ich für ein paar Tage nach Tel Aviv, und Montag geht's richtig los mit der Uni. Ooh, ich freu mich! Wahnsinn, schon eine Woche. Wahnsinn, erst eine Woche. Ich hab euch lieb!



Die coolste Idee für warme Tage: Man nehme einen Springbrunnen und eine Familienpackung Shampoo!


Am Strand von Yaffo <3

Limonana - Hier ein Rezept (passt besser zu sonnigem Wetter, aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben).

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