Tuesday, November 27, 2012

Jerusalem und andere Verrücktheiten

Diesmal ein bisschen zeitiger, dafür habe ich leider die Fotos noch nicht...

Die letzte Woche war ziemlich spannend. Ich habe endlich von dem Tierheim gehört, in dem ich Volunteering betreiben werde. Da bin ich am Mittwoch zum ersten Mal hingefahren. Leider ist es ziemlich weit weg und die Busverbindung eher bescheiden, darum war ich alles in allem vier Stunden unterwegs. Was soll's... Ich unterhielt mich mit Shaul, dem Betreiber des Heims, und mit ungefähr 20 Hunden, die frei rumlaufen (alle, die nicht aggressiv auf andere Hunde reagieren oder weglaufen würden, dürfen draußen rumlaufen, auch im angrenzenden Wäldchen, das finde ich schön). Natürlich sind die Zwinger kein schöner Anblick, aber die Menschen, die hier arbeiten, tun es mit Liebe. Es fehlt immer an Geld, und jeden Tag kommen neue Tiere dazu. Niemand verdient hier etwas, selbst Shaul kann kaum seine Kosten decken. Ich bin froh, dass ich jetzt hier helfe. Leider kann ich immer nur morgens hier arbeiten, was Montag-Donnerstag ausschließt, weil ich da morgens Hebräisch habe. Also Freitags oder Sonntags (Samstag ist hier kein Volunteer wegen Shabbat).
An der Busstation erhalte ich die erschreckende Nachricht: In Tel Aviv wurde eine Bombe in einem Bus gezündet, mehrere Menschen sind schwer verletzt. Nach den Raketen jetzt also das. Gestern Nacht sollte eine Waffenruhe verkündet werden, was aber nicht passierte, und heute das! Wird es jetzt wieder so werden? Bomben in Bussen, auf dem Markt in Tel Aviv? Plötzlich ist der Konflikt nicht mehr so weit weg. Busse fahren auch nach und in Haifa. Und solche Anschläge hat es in der Stadt auch schon gegeben. Kein Iron Dome schützt davor.
Abends um 21 Uhr, exakt 24 Stunden später als angekündigt, wird der Waffenstillstand ausgerufen. Zwei Stunden später fallen tatsächlich keine Raketen mehr auf Israel. In Gaza wird gefeiert, im Süden Israels protestiert. Viele Israelis sind gegen diese Waffenruhe, gegen die Zugeständnisse, die sich die Hamas mit Terror erkämpft hat. Wenn ihr mehr dazu lesen wollt, das habe ich als direkte Reaktion geschrieben: Ende gut, Alles gut?

Donnerstag schon redete kaum noch jemand über Gaza. Wie es die Israelis so tun, ist direkt wieder der "Normal-Knopf" eingeschaltet, obwohl (oder vermutlich gerade weil) natürlich Normalität hier etwas ganz anderes ist als in Deutschland. Ich setzte mich abends nach dem Unterricht an mein MidTerm-Paper für "Contemporary Israel" über Herzls Zionismus. Von 18 Uhr bis 3 Uhr morgens las und schrieb ich und war dann fertig. Gegen Mitternacht kam Danielas Freund Ori um sie abzuholen, ich lernte ihn kennen und wir tranken alle zusammen Tee, dann fuhren die beiden.

Donnerstag war auch Thanksgiving, aber ich ging nicht zu dem Dinner. Das Ganze war ein ziemliches Propaganda-Event vom Dean of Students Hanan Alexander, der sich in eine Schürze warf und den Truthahn zubereitete.
Auf Facebook wurde das Event mit einem Bild angekündigt, auf dem ein lachender Truthahn mit Pilgerhut zu sehen war. Ich schrieb an die International School, dass ich das Bild als sehr anstößig empfinde, das Truthähne rein gar nichts mit dem historischen Hintergrund von Thanksgiving zu tun haben und diese intelligenten Tiere massenweise abgeschlachtet werden für dieses Fest. Tatsächlich bekam ich eine sehr nette Antwort, dass man sich das noch gar nicht überlegt habe und in Zukunft von solchen Bildern absehen werde. Hört, Hört!

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, um ins Tierheim zu fahren, aber "leider" regnete es (bei Regen soll ich nicht kommen, haben sie gesagt) und ich hatte sowieso zu wenig geschlafen.
Mittags fuhr ich nach Jerusalem. Lena, Aida und Violetta waren schon vorgefahren, sie traf ich dort ebenso wie Elisa aus Westerkappeln, die in Jerusalem ein Praktikum beim Goethe Institut macht und die ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hatte.
Bei ihr in der Wohnung aßen wir veganen Schoko-Bananenkuchen (der die Fahrt dankenswerterweise überstanden hatte) und tranken Sekt, denn es war Lenas Geburtstag! Später gingen wir zu Fuß in die Stadt, nur gelegentlich unterbrochen vom Regen. Wir setzten uns in eine Bar, rauchten "Huka" (Nargila/Shisha), die es umsonst dazu gab, und tranken scheußlichen Wein und "Mojito", der tatsächlich mit Sprite (!) zubereitet wurde. Trotz der widerlichen Getränke war es ein witziger Abend. Gegen 2 kamen wir zurück, ich blieb mit Elisa noch ein bisschen wach.

Am nächsten Morgen machten wir eine Free Tour durch Jerusalem (Touren auf Englisch in vielen Großstädten, die auf Spendenbasis laufen), danach genehmigten wir uns eine Falafel in der Altstadt. Nachdem wir die Grabeskirche besucht hatten (ich störte noch kurz unbeabsichtigt eine Prozession von Priestern), die ziemlich gruselig war mit all den teilweise fanatisch religiösen Besuchern, begaben wir uns ins Armenische Viertel. Es gibt in Jerusalem vier Viertel (der Größe nach): Das Arabische, das Christliche, das Jüdische und das Armenische. Wir besuchten eine Armenische Kirche und bekamen eine eigene Führung dank der Tatsache, dass Aida in Armenien geboren ist und die Sprache nach wie vor beherrscht. Wir wurden sogar gesegnet und durften Blätter mitnehmen, die uns gesunde Kinder garantieren würden.

Vor der Kirche trafen wir uns mit Elisa, in der Nähe vom Damaskus-Tor (einem der Eingänge zur Altstadt) tranken wir Tee und aßen Baklava, das (zu) süße arabische Gebäck. Anschließend fuhren wir mit der Tram zum Busbahnhof. An der Tramhaltestelle wurden wir von einer Gruppe aus Ecuador angesprochen, die für eine Kosmetikfirma auf Tour war. Da ich als einzige Spanisch spreche, wurde ich von der Chefin nach einer kurzen Frage bezüglich des Busses nach Bethlehem direkt in Beschlag genommen, weil sie mich ebenfalls in die Firma einbinden wollte. Sie zeigte mir einen Lipgloss mit integrierter Lampe und Spiegel und ein Pulver, das angeblich schon Krebs geheilt hatte. Wir tauschten Facebook-Kontaktdaten aus, aber ich glaube nicht so wirklich an die ganze Sache. Trotzdem war es schön, Spanisch zu sprechen.

Auf der Rückfahrt nach Haifa platzte am Bus ein Reifen, wir warteten fast 2 Stunden auf den Ersatzbus. In Haifa nahmen wir dann zusammen ein Taxi zur Uni, da es samstags keinen direkten Bus gibt.

Sonntag stand ich dann wirklich um halb 7 auf, um zum Tierheim zu fahren. Ich wurde dort Tal zugewiesen, einem anderen Freiwilligen, der sich schon auskannte. Sein zweiter Satz an mich war, dass er glaube, es habe sich bei 9/11 um einen Inside-Job gehandelt; weitere Themen waren koscheres Essen, Religion, Boyfriends und politische Orientierung. Etwa eine halbe Stunde später fragte er dann doch nach meinem Namen.

Wir gingen mit den Hunden spazieren und ich verliebte mich sofort in eine einäugige Schäferhündin und ihre beste Freundin, eine schwarze Mischlingshündin, vermutlich Labrador-Retriever-Irgendwas. Ich kuschelte mit allen nach dem Spazierengehen und verbrachte die Pausen mit Macho, dem längsten "Insassen", ein wunderschöner großer Mischlingsrüde, den ich sofort adoptieren würde. So wie die meisten anderen Hunde.

Es gibt auch Katzen, sogar Babykatzen, aber über Hunde geht bei mir nichts! Tal steht wohl mehr auf Katzen; mehr als einmal behandelte er die Hunde unangemessen brutal und ich sprach ihn darauf an, er entschuldigte sich.

Wie ein Honigkuchenpferd fuhr ich zurück zur Uni, kochte mir Mittagessen, verbrachte den Nachmittag eher ruhig, nachdem ich ein paar Einkäufe erledigt hatte (hier ist Sonntag ja der erste Tag der Woche). Abends spielte ich Tennis.

Am nächsten Morgen wachte ich auf und merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Mein ganzer Körper, besonders meine Beine, juckten und waren mit roten Pusteln übersät. Sofort wurde mir klar-  ich hatte Flöhe aus dem Tierheim mitgebracht! Ich Trottel hatte nicht einmal darüber nachgedacht...

So verbrachte ich den Montag, an dem ich ohnehin schon 7 Stunden Uni habe, in den Pausen damit, meine kompletten Klamotten, Bettwäsche und Bettzeug zu waschen, außerdem duschte ich zwei Mal, einmal davon mit den Sachen, die ich gerade trug. Zur Feier des Tages teilte mir meine Professorin auch noch vor allen anderen mit, wie gut sie mich leiden kann und wie "delightful" ich sei. Alles super nett, aber müssen das alle mitkriegen? Ich wäre am liebsten im Boden versunken, bedankte mich und rannte halb aus der Klasse. Abends lernte ich ein bisschen Hebräisch mit der besten Mitbewohnerin der Welt, Adi, die mich auch direkt zu Chanukka zu sich nach Hause einlud. Aww! Wie schön!

Am nächsten Morgen juckte zwar immer noch alles, aber es waren keine neuen Stiche zu erkennen. Puh! Aber während sich das Gift im Körper verteilt, hört der Juckreiz natürlich nicht auf, und ich habe die ganze Zeit das Gefühl, etwas krabbelt auf mir.
Ich traf mich um 9 zum ersten Mal mit Tally, meiner neuen Tandempartnerin mit einer Passion für Berlin. Wir sprachen die meisten Zeit Hebräisch, tranken Kaffee und lernten uns ein bisschen kennen. Sie macht ihren Doktor hier, ist um einiges älter als ich (wie alt weiß ich nicht) und hat 2 Kinder, einen Mann und ein Eigenheim und ist super nett. Das wird nun eine wöchentliche Tradition, wie schön.

Mittags machte ich zum ersten Mal in meinem Leben vegane Pizza mit selbstgemachtem Pizzaboden für die ganze WG, was auf große Begeisterung stieß. Das war auch echt lecker! Später gab ich dann endlich das MidTerm-Paper ab, so ist das also vom Tisch. Jetzt werde ich noc
 Elisa und ich in Jerusalem

Pizza Vegana, mes Chères!

UND MEHR FOTOS:


Aida und Lena auf dem Shouk (Markt) in der Innenstadt


Weihnachts-Wahnsinn


Veganer Schoko-Bananen Geburtstagskuchen für Lena


Elisa, Frauke und Aida in der Bar


Das Geburtstagskind


EEEEErdbeeren!


Jerusalem-Graffiti im Arabischen Viertel


Der Tempelberg aus der Ferne, rechts die Klagemauer


Mittagessen: Violetta, Aida, Lena, Frauke


Die Grabeskirche: Das Grab (?) Jesu


Armenischer Gottesdienst


Der schöne Hof der Armenischen Kirche (Aida, Lena, Frauke, Violetta)


Last Supper, Bitches! (Hier fand das letzte Abendmahl statt) Mit Lena und Elisa


Über den Dächern der Altstadt


Das alte Holocaust-Museum (vor Yad Vashem)

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