Tuesday, February 26, 2013

בראשית ברא אלוהים את השמים ואת הארץ...


Die Titel der Blogeinträge sind immer rein intuitiv, ich nehme immer das, was mir als Erstes einfällt. Komischerweise schon das zweite Bibelzitat, die Überschrift ist nämlich der erste Satz aus der Bibel: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Warum weiß ich gar nicht, vielleicht, weil dies ein Ende ist, vielleicht, weil es auch ein Anfang ist von einer neuen Lebensperiode, die mein Leben in Israel nun mit einschließt, eine neue Identität, reicher um ein neues Ich, IsraelIch. Oder so.
Ich weiß gar nicht, wie oft ich letzte Woche etwas zum letzten Mal gemacht habe. So viele Abschiede, so viele letzte Male, und es war gut, es war fantastisch, ein grandioses Finale, im Orchester spielten alle Trompeten, und ich tanzte ein letztes Mal zu meiner Lieblingsmelodie.
Ich bin semtimental, natürlich, ich sitze am Bahnhof und warte auf den Zug zum Flughafen. NaTBaG, das hebräische Akronym für International Airport Ben Gurion. Gleich ist alles vorbei.
Aber wie gesagt, ich habe die letzte Zeit noch in vollen Zügen genossen. Nach meinem letzten Blogeintrag fuhr ich los und holte Sonja vom Flughafen ab. Wir fuhren nach Tel Aviv, und ein kleiner Nachtspaziergang führte uns zum Sky Hostel, das ich für die Nacht gebucht hatte. Dieses wurde zwar den Lobeshymnen auf diversen Hostelseiten nicht gerecht, aber immerhin hatten wir einen kleinen Balkon und jeder ein Bett (wenn auch die Decken so dünn waren, dass wir beide am nächsten Morgen ziemlich durchgefroren waren). Für läppische 5 Shekel durften wir sogar unser Gepäck lagern. Lasst euch jedoch nicht täuschen -  die Stimmung war ungetrübt.
Wie schon Jan wollte ich Sonja ihre erste Begegnung mit Hummus bescheren, leider war am Sonntag (was bei uns wie Montag ist, da haben ja auch viele Restaurants geschlossen) mein Lieblings-Hummus in der Dizengoff-Straße zu. Zum Glück hatte ich aber noch die Empfehlung von Ori in der Tschernichow-Straße (so oder so ähnlich), und es handelte sich tatsächlich um einen guten Tipp, njamm njamm njamm.
Wir holten unsere Sachen ab und machten uns auf den Weg zur Busstation, es ging nach Jerusalem. Das Wetter schien zunächst nicht mitspielen zu wollen, ließ uns jedoch zu keinem Zeitpunkt im Stich.
Wir gingen zunächst zum Markt, wie immer, er ist nahe der Busstation und außerdem wahnsinnig schön und bunt und laut. Wir kauften Gemüse und Schoko-Burekkas (ohne Milch) und tranken Kaffee. Später gingen wir zur Stadt, setzten uns auf eine Bank und warteten darauf, dass sich unser Couchsurfer Amnon meldete. Nachdem wir Probleme hatten, den Bus zu finden, nahm er uns sogar aus der Stadt mit dem Auto mit.
Wir kochten abends für ihn und einen Freund als Dankeschön für die Herberge, außerdem hatten wir Wein gekauft. Sein Hund Freddy und er wohnten in einer schönen Wohnung mit Blick über den Park, durch den wir mit Freddy auch noch einen Abendspaziergang machten.
Recht früh gingen wir schlafen, Amnon arbeitete netterweise am nächsten Morgen erstmal zu Hause, bevor er uns dann auf dem Weg zur Arbeit in der Stadt absetzte.
Wir besichtigten die Altstadt von Jerusalem und setzten uns dann ziemlich fertig auf die Dachterrasse eines Hostels (Citadel Hostel, kann ich auf jeden Fall empfehlen!!!). Wir beschlossen, nach Bethlehem zu fahren, was wir eigentlich erst für das kommende Wochenende geplant hatten. Dort ließen wir uns nach der üblichen Diskussion mit dem Taxifahrer, der uns unbedingt für gaaanz wenig Geld die Umgebung zeigen wollte, im unerlässlichen Humus-Restaurant nieder und spachtelten erstmal Falafel. Danach sahen wir uns die Geburtskirche Jesu an und die Trennmauer zwischen Westjordanland und Israel. Der Taxifahrer ließ sich zum Schluss noch über die "Tiere" aus, die die Israelis seien, und sagte dann, dass er niemals mit jemandem Frieden schließen könne, der seinen Bruder umgebracht hat. Danach herrschte Stille im Taxi.
Abends hatte Amnon ein Date, Sonja und ich trafen uns mit Steffi in der "Marakiah", meinem Lieblingslokal in Jerualem (eine alternative und veganfreundliche Suppenbar). Sonja und ich waren noch voll vom Mittagessen, aber etwas Glühwein (oh ja, der beste!) passte noch. Wir zogen anschließend noch weiter in die Uganda Bar, auch sehr chillig. Steffi musste am nächsten Tag arbeiten und ging gegen 11, wir warteten auf Amnon, der uns gegen 12 abholte.
Am nächsten Morgen mussten wir früh raus, weil Amnon zur Arbeit musste. Wir besorgten uns Burekkas an der Busstation und fuhren mit dem Bus nach Haifa. Dort stiegen wir um nach Nahariyya (elende Gurkerei, der Bus fuhr durch etwa 465746846464 Käffer auf dem Weg an die Nordküste). In Nahariyya nahmen wir einen letzten Bus Richtung Norden, nach Rosh Ha-Nikra an der Grenze zum Libanon. In Achsiv stiegen wir aus. Ein kleines Stück hinter Achsiv liegt Achsivland, ein kleiner unabhängiger Staat, der in den Sechzigern von Eli Avivi zu einem solchen erklärt wurde und in den nächsten 20 Jahren exzessive Drogenparties beherbergte. Leider ist Eli vor ein paar Monaten gestorben. Wir trafen seine Witwe und erhielten für 20 Shekel einen Stempel in den Pass, der unseren Aufenthalt dokumentierte. Laut Elisa macht der Stempel zwar ab und zu Ärger, weil den nicht jede_r Grenzbeamte kennt, aber das war es uns wert. Wir sahen uns noch das Museum an und chillten ein bisschen auf dem großen Gelände direkt an der Küste.
Anschließend trampten wir mit einem netten LKW-Fahrer bis Akko, wo wir von einem super netten Opi mit ins Stadtzentrum genommen wurden. Wir holten uns den "besten Humus Israels" bei Humus Said und genossen ihn am Hafen. Die Sonne ging unter und die wunderschöne Altstadt, die den Hafen einrahmte, lud zu Sentimentalitäten ein.
Wir fuhren mit dem Bus zurück nach Haifa, wo wir Ziv besuchten (er ist in einem meiner ersten Einträge vorgekommen). Ich hatte bei ihm in meiner ersten Woche in Israel eine Jacke vergessen, und da ich ja auch in Haifa wohnte, war ich sicher, die schon irgendwann wieder zu bekommen. Aber wir haben es tatsächlich in der ganzen Zeit nie geschafft, uns zu treffen. Umso schöner war es jetzt, mit ihm Kaffee zu trinken und ein bisschen zu schnacken, und natürlich auch, meine Jacke wieder zu bekommen.
Ziemlich fertig wollten wir danach zur Uni fahren, was uns nach einigen Buskomplikationen auch gelang (wir nahmen am Ende einfach ein Taxi). Dort wollten wir Klamotten waschen, aber (das Glück blieb uns hold), alle Maschinen waren besetzt. Wir redeten kurz mit meinem Mitbewohnerinnen, die aber alle lernen mussten, und trafen uns dann mit Greta (und kurz auch Pia) auf ein letztes Bier vor dem Minimarkt. Unser Couchsurfer musste spontan lange arbeiten, würde uns aber von der Uni abholen.
Am Ende klappte sowohl waschen als auch trocknen, und wir trafen noch Schimon vom Tennis, der gerade von einer Party kam und ziemlich aufgekratzt war. Er erklärte uns hitzig, warum es keine Alternative zur Besetzung der palästinensichesn Gebiete gäbe und bestand darauf, Tom, unseren Couchsurfer, ein bisschen zu verhören, bevor wir bei ihm einsteigen durften.
Tom wohnt in einem schönen Apartment in Bat Galim, dem Viertel am Hafen (Haifa ist sooo riesig - ich war noch nie in Bat Galim vorher!). Er überließ uns sein Bett, ins das wir uns vollkommen erschöpft fallen ließen.
Am nächsten Tag fuhr uns Tom zum Bus, wir fuhren zum Carmel Zentrum und sahen uns die Bahai-Gärten von oben an. Das Tagesziel war Amirim, ein vegetarisches Moshav (Dorf) in den Golanhöhen. Wir trödelten ziemlich, und der Bus brauchte ewig (sowohl der in Haifa als auch der nach Amirim), sodass es schon dämmerte, als wir ankamen. Am Dorfeingang wurden wir direkt vom einheimischen Roi mitgenommen, der nach späterer Erkenntnis so etwas wie die gute Seele des Dorfes war. Er holte seinen Sohn Yonathan ab, der glaube ich ein einhalb Jahre alt war, und fuhr mit ihm und uns zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man den See Genezareth überblicken konnte. Mittlerweile war es ganz dunkel, und uns wurde klar, dass wir es nicht mehr nach Aniam schaffen würden (eigentlich wollten wir dort Couchsurfen). Roi bot uns ein Haus an, das im Sommer von Freiwilligen genutzt wird, und wir nahmen dankbar an. Er stellte uns nach und nach dem halben Dorf vor, ging von Tür zu Tür, überall hatte er Geschwister und Freunde. Im Volunteer-Haus bekamen wir Datteln, Granatäpfel und Sharon-Früchte. Roi lud uns auch ein, mit ihm und einem Freund zu einer heißen Quelle zu fahren, das war uns dann aber doch etwas zu viel der Vertraulichkeiten.
Stattdessen gingen wir in ein kleines Restaurant, das von einem Pärchen geführt wurde. Eigentlich saßen wir in ihrem Wohnzimmer, es gab einen Kamin, selbst gemalte bunte Bilder an den Wänden, und auf ein paar Kissen am Feuer lag ihr junger Hund unter einer Decke mit einer Wärmflasche, er war angefahren worden. Wir bestellten "ein bisschen von allem" und bekamen gefüllten Kohl, ein Reis-Bohnen-Gericht und Tahina mit selbst gebackenem Dinkel-Pita. Lecker! Dazu selbst gemachten Merlot, der auch super war. Wir unterhielten uns lange mit den beiden: Sie war wesentlich jünger als er und Heilpraktikerin, er sagte von ihr, sie habe ihn zum guten Leben geführt, gute Ernährung und pflanzliche Heilmethoden. Er hatte 16 Jahre lang das Land bereist, außerdem 3 Jahre in der Wüste gelebt. Die beiden hatten sich dann in Haifa getroffen und waren nach 3 Monaten Naturreise in Amirim sesshaft geworden. Wir unterhielten uns auf einer Mischung aus Englisch und Hebräisch, ich übersetzte dann für Sonja.  Es war ein wirklich schöner Abend. Am Ende kam noch Iftach, der uns vorher schon angesprochen hatte. Er war etwa Mitte 20 und sprach wenig Englisch, wir dachten erst, er möchte uns "nur anmachen", aber am Ende des Abends bot er uns an, uns am nächsten Tag nach Katzrin zu fahren, wo ich Sonja das beste Weingut Israels zeigen wollte.
Ich hatte eigentlich abends mit Ori telefonieren wollen, da er nach Kanada fliegen und wir uns nicht mehr sehen würden. Da ich leider kaum Empfang hatte, tauschten wir stattdessen sentimentale schöne SMS aus, ein fieser Vorgeschmack auf ach so viele andere Abschiede...
Wir schliefen gut auf den Sofas, morgens kam Roi und machte uns Mandarinensaft aus frisch gepflückten Früchten. Der Ort ist so schön, alle haben überall Obstbäume und Gemüsegärten, Hunde und Katzen sind willkommen, und wenn man sich auf der Straße begegnet, bleibt man kurz auf eine Unterhaltung stehen. Außerdem haben anscheinend alle dort kleine Kinder, kurios! Hier möchte ich später leben, oder irgendwo, wo es ähnlich schön ist. Sonja und ich beschlossen, eine vegane Cafébar mit Guesthouse zu eröffnen, wenn wir groß sind.
Wir frühstückten in einer kleinen Bio-Bäckerei, Soja-Cappuccino und Foccacia mit Pesto und Cherrytomaten. Danach sahen wir uns die Aussicht nochmal bei Tage an und trafen schließlich Iftach, der mit uns nicht nur nach Katzrin fuhr, sondern sogar die lange Strecke über Zfad (etwa 1,5 Stunden!), durch die wunderschöne Landschaft der Golanhöhen. Wir probierten Wein, und ich wurde tatsächlich von einem Angestellten für meine Connaissance israelischer Weine und meine unkonventionelle Art des Weintestens gelobt.
Anschließend fuhr uns Iftach nach Zomet Zemach (Hebräisch: Zemach-Kreuzung), wo es ein großes Einkaufszentrum gibt. Wir bedankten uns 1000 Mal und ließen uns dann auf eine leckere Falafel nieder (hier war ich schon mit Jan und Lena gewesen). Zemach liegt kurz hinter Tiberias, hier führt die Route 90 vorbei, die das Land von oben bis unten durchzieht. Frisch gestärkt trampten wir Richtung Totes Meer, gegen halb 7 erreichten wir endlich Ne'ot Ha-Kikar, das bereits erwähnte Wüstencamp. Gideon freute sich anscheinend, mich wiederzusehen, und ich fand ich auch noch viel netter als beim ersten Mal. Am Kühlschrankfach prankte das Schild “Mogli Seebass”.
Unsere Unterkunft war pompös: Ein umgebauter Bus mit allen Schikanen, inklusive eigenes Badezimmer und verstellbarem farbigen Deckenlicht! Wir waren vollkommen begeistert.
Nach einem kleinen Abendessen setzten wir uns noch ans Lagerfeuer. Es war Purim, in der Stadt war eine Party, aber wir waren zu fertig vom langen Tag. Auch Gideon war schon im Bett. Wir unterhielten uns noch mit Gabriel, den ich schon vom letzten Mal kannte und der mit der Zeit immer ein bisschen anhänglicher wurde, sodass wir uns schließlich höflich verabschiedeten und unseren Wein, den wir uns aus Katzrin mitgebracht hatten, in unserem Bus zu Ende tranken.
Am nächsten Morgen, es war um 10 Uhr schon unverschämt heiß, fuhren wir ans Tote Meer, nach Ejn Bokek, der touristischste Strand (dafür gibt es auch überall Duschen) und ließen uns Treiben. Wir wurden noch kurz von einem Deutschen angesprochen, der da auch so rumdümpelte, und machten uns nach einer Dusche auf den Weg nach Jerusalem (natürlich auch per Daumen). Ein Hotelmanager (oder sonstwie hohes Tier) nahm uns mit und philosophierte auf dem Weg mit über das Leben als Hirte in einem der armen Bergdörfchen, an dem wir vorbeikamen. Kurios, tatsächlich, aber interessant, dass so ein Anzugtyp im dicken Auto anscheinend auch ein Bedürfnis nach dem “einfachen Leben” hat..
In Jerusalem aßen wir in einem netten Humusladen in Ostjerusalem und fuhren dann mit dem Bus nach Bethlehem. Wir wollten im Gästehaus des Dheisheh-Flüchtlingslagers übernachten. Weil wir dachten, dort gäbe es sicher kein Abendessen, kauften wir uns in der Stadt veganes Schawarma (das wir zum Ärger des Besitzers und zu unserer Freude aber auch leichter Scham viiel zu voll packten). Dann nahmen wir ein Taxi zum IBDAA-Lager (http://www.dheisheh-ibdaa.net/).

Das Lager sah ganz anders aus, als wir es uns vorgestellt hatten. Das Zimmer sah aus wie in jeder Jugendherberge in Deutschland, im Dachgeschoss gab es ein Restaurant und statt in Zelten lebten die Bewohner in normalen Häusern, wenngleich dicht an dicht. Es sah aus wie ein normales Dorf. Es gab Läden und ein Krankenhaus, ein Frauenzentrum und ein paar Jungs spielten auf der Straße Fußball. Von Restaurantmanager Mohammed wurde uns erklärt, wie das kam: Die meisten Flüchtlinge kamen 1948 hierher, als sie während des Unabhängigkeitskrieges (Hebräisch) bzw. Al-Naqba (Arabisch= die Katastrophe) fliehen mussten. Die zweite Welle kam während des 6-Tage-Krieges 1967, fast alle Bewohner_innen kommen aus Dörfern rund um Jerusalem. Am Anfang waren es Zelte, am Ende Häuser, es handelt sich um ein UN-Flüchtlingscamp, eines von so vielen im Westjordanland. Die Leute, so sagt Mohammed, glauben und hoffen noch immer, dass sie eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können, zu ihren alten Häusern. Viele haben noch immer die Schlüssel. Mohammed will keinen Krieg, er sagt, die zweite Intifada (Arabisch = Abschütteln) sei ein Fehler gewesen, eine dritte wolle er unbedingt vermeiden. Er sagt zu den Jungs im Lager: Hört auf, Steine zu werfen. Sie werden euch einsperren, vielleicht werdet ihr erschossen. Wenn ihr tot seid, könnt ihr niemandem mehr helfen.
Die Lage im Camp ist schlecht. Arbeitslosigkeit, Strom- und Wasserknappheit. Vor allem an einem mangelt es: Platz! Mohammed sagt: Wir sind stolz darauf, viele Kinder zu haben. Außerdem sind uns unsere Wurzeln wichtiger als alles andere. Unsere Herkunft ist unsere Identität. Meine Familie wohnt in einem Haus mit 4 Stockwerken (die Häuser werden alle vertikal gebaut, rechts und links ist kein Platz, stehen andere Häuser). Die Familie hat aber 7 Kinder, 3 von ihnen sind verheiratet. Wo sollen sie wohnen?
UN-Resolution 193, das Rückkehrer-Recht, besagt, dass die Flüchtlinge zu ihren Häusern zurückkehren dürfen, wenn sie zustimmen, mit ihren Nachbarn in Frieden zu leben. Laut Mohammed würden das viele von ihnen gerne tun. Aber die israelische Regierung verweigert den Palästinenser_innen dieses Recht. Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen, allerdings hat sich meine Meinung dazu in letzter Zeit geändert, durch Ereignisse, die ich später beschreibe.
Israel wurde als jüdischer Staat gegründet, ein Staat, der allen Juden der Welt ein Zuhause bieten soll, wenn sie ihn ihrem Geburtsland nicht mehr sicher sind. Das finde ich richtig, unterstützenswert. Die Notwendigkeit ist aus meiner Sicht nicht von der Hand zu weisen.
Das Problem ist, dass wenn all die Palästinenser_innen zurückkehren, und sie ihre Familien mitbringen, ihre Nachkommen seit 1948, und sie alle israelische Staatsbürger_innen werden, ist die jüdische Mehrheit auf der Kippe. Arabische Familien haben im Durchschnitt mehr Kinder als jüdische, abgesehen von den Ultraorthodoxen. Eine nicht-jüdische Mehrheit würde aber dem Konzept des Landes zuwider laufen.
Das ist aus meiner Sicht das wichtigste Argument dagegen, wenn die Regierung auch eher auf Sicherheit pocht.
Wir gingen früh schlafen, aßen unsere Schawarmas, unterhielten uns über die Lage der Palästinenser_innen und über Geschlechtergleichheit. Am nächsten Morgen nach einem veganen Frühstück trafen wir im Restaurant erst Steffi, die sich uns später nach Hebron anschließen wollte, und den Fremdenführer Hamza, einen witzigen, aber leicht melancholischen 24-jährigen, der viel älter wirkte. Er erzählte uns auch von seiner Familie, vom Leben im Lager, und führte uns herum. Das Lager ist schön gemacht, viele Wandbilder, im IBDAA Zentrum kann man Fotos sehen und palästinensische Güter. Witzigerweise war gerade der Präsident von Sri Lanka zu Gast im Lager, und wir schlossen uns der Gruppe an. Die Soldaten (Palästinenser) kannten Hamza und ließen uns passieren, wir standen tatsächlich neben dem Staatsoberhaupt und hörten der Führung zu. Hamza ließ uns sehr nachdenklich zurück, auch wenn die Führung selbst witzig war und wir uns mit sympathischen Leuten unterhielten.
Per Kleinbus fuhren wir nach Hebron, meine Lieblingsstadt im Westjordanland (also der arabische Teil). Ich habe bereits erwähnt, dass die Stadt zweigeteilt ist, es gibt die "normale" palästinensische Stadt und eine jüdische Siedlung mitten im alten Stadtzentrum. Die frühere Hauptverkehrsstraße ist seit 1994 für Palästinenser_innen gesperrt, seit der jüdische Siedler Baruch Goldstein in einem Massaker 29 Menschen beim Gebet in der Moschee erschoss, und dazu etwa 125 verletzte. Hebron ist eine der heiligsten Städte der Juden, da sich dort das Grab von Abraham befinden soll (bewiesen ist es nicht, nicht einmal seine Existenz). Abraham war aber auch ein wichtige Prophet für Muslime.
Mittlerweile liegt das Grab auf der jüdischen Seite und ist Palästinenser_innen nicht zugänglich - sie können die Moschee nutzen (nach sorgfältiger Kontrolle) und von dort durch ein Gitterfenster auf das Grab sehen.
Seit der Schließung der Straße (man muss sich vor Augen halten - die Straße wurde für Palästinenser_innen geschlossen, um deren Sicherheit zu garantieren -  die jüdischen Siedler dürfen sie jedoch passieren) gibt es in jedem Jahr zum Jahrestag des Massakers große Proteste mit der Forderung, die Shushada Street wieder zu öffnen. Das sind natürlich nicht die einzigen Proteste, aber da der Jahrestag am Freitag gewesen ist, bekamen wir am Samstag noch die Überreste zu spüren.
Als wir den Markt Richtung Altstadt überquerten, empfing uns ein widerlicher Gestank nach Abwässern oder verdorbenem Fleisch, es war schwer zu sagen. Wir wussten nicht, woher es kam, wurden aber später von einigen Aktivist_innen aufgeklärt, die wir in der Altstadt trafen. Sie arbeiteten für ISM, die populärste Widerstandsgruppe, die ihren traurigen Ruhm durch die Tatsache erhielt, dass die Aktivistin Rachel Corrie bei einer Protestaktion gegen den Abriss eines "illegalen" arabischen Hauses versehentlich von einem israelischen Bulldozer überrollt wurde. Sie setzten sich für die Rechte der Palästinenser_innen ein, tolerieren deren gewaltsamen Widerstand gemäß der Genfer Konventionen (illegal Unterdrückte haben das Recht auf gewalttätigen Widerstand), unterstützen selbst jedoch als Beobachter und greifen ein, wenn Menschenrechte verletzt werden. Sie sind auf Demonstrationen dabei und unterstützen Palästinenser_innen in rechtlichen Fragen. Mehr über die Organisation: http://palsolidarity.org/about/
Die Freiwilligen erklärten uns, dass die Demonstrierenden mit den so genannten "Skunk-Tanks" befeuert wurden (Skunk= Stinktier), die mit einer übel riechenden Chemikalie auf Demonstranten zielen. Wir setzten uns zu ihnen, und sie zeigten uns Fotos und Videos von den gestrigen Demonstrationen. Das ganze fand im Shop von Laila statt, einer älteren palästinensischen Frau, die alle mit Tee versorgte und sich durch die ausländischen Beobachter_innen sicher fühlte. Denn an diesem Tag, dem Tag nach der Demonstration, zeigten sich die Siedler_innen traditionell in der Stadt, geschützt von Soldat_innen. Ausgelegt wurde das ganze als Führung über die jüdische Vergangenheit Hebrons, aber de facto ist es vermutlich nichts anderes als eine plumpe Machtdemonstration. Wir wohnten dem bizarren Treiben bei, ich unterhielt mich mit einem Soldaten auf Hebräisch. Unser Führer bei den Brake the Silence Touren sagt, dass die meisten von ihnen nicht auf Seiten der Siedler_innen sind, aber es nunmal ihre Pflicht ist und sie geschworen haben, Israelis zu schützen.
Wir gingen später auch noch in die “Geisterstadt” hinter dem Drehkreuz, also die Shushada Street, die mittlerweile verweist und mit Graffities übersäht ist. Der frühere Marktplatz ist still und verfällt langsam.
Mit dem Kleinbus fuhren wir zurück nach Bethlehem. Unterwegs zum Bus wurden wir von einem Typen angesprochen, der sich mit uns unterhalten wollte, und der uns ebenfalls über die Situation der palästinensischen Bevölkerung aufklären wollte. Steffi unterhielt sich mit ihm, mir fehlte wirklich die Kraft dazu. So seltsam es klingt, mit meiner Liebe zu meiner derzeitigen Wahlheimat hat sich wohl auch eine Art “Nationalstolz” entwickelt; ich fühlte mich jedenfalls, als ob man mir erklärte, dass eine geliebte Person eigentlich ein hinterhältiger Massenmörder ist.
Im Bus wurden wir wieder angesprochen, ich konnte wirklich nicht mehr, sagte mehr verzweifelt als unfreundlich, dass ich nicht auf ein Gespräch aus sei.
Die Fahrt zurück nach Jerusalem verlief eher still, außer, dass ich mich mit ein paar anderen deutschen Mädchen unterhielt, die größtenteils zum ersten Mal im Westjordanland gewesen waren.

Ich weiß, dass ich bisher das Thema Besetzung wenig gestreift habe, und das auch aus gutem Grund. Es kotzt mich offen gestanden an, dass viele Leute die Zeitung aufschlagen und beim zuschlagen gegen Israel sind, dass jede_r eine Meinung und keine_r eine Ahnung hat, und dass all die “Humanist_innen” sich mit einem am wenigsten beschäftigen, und zwar mit dem Menschen, dem Individuum, auf beiden Seiten. Ich habe jetzt zum ersten Mal richtig die andere Seite gehört, und ich sehe es mittlerweile so:
Es gibt, so glaube ich, zwei Möglichkeiten für einen Frieden. Die menschlichere wäre die Einstaaten-Lösung, nach der das ganze Gebiet an Israel angegliedert wird, mit gleichen Rechten für alle. Das würde die Idee eines Judenstaates kaputt machen, das verstehe ich. David Ben-Gurion, Israels erster Premierminister, sagte einmal “Wir haben im Moment zwei Möglichkeiten: Entweder ein jüdischer Staat, oder eine richtige Demokratie. Beides können wir zu diesem Zeitpunkt nicht haben”. Ich habe das bisher verstanden und daran die schwierige Situation festgemacht, damit die Besetzung gerechtfertigt und eine Zwei-Staaten-Lösung als richtig erachtet. Aber jetzt, da ich mich auch mit der anderen Seite intensiv beschäftigt habe, denke ich eher: Richtig, beides zusammen geht nicht. Also kein Judenstaat. Demokratie ist definitiv wichtiger.
Aber natürlich kann man Extremismus, den Hass nicht außer Acht lassen, und über 60 Jahre Besetzung haben die Stimmung natürlich nicht gerade verbessert. Darum bin ich nach wie vor dafür, dass die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen müssen, und dass die internationale Gemeinschaft dies nicht nur in die Wege leiten, sondern auch finanzieren muss. Ein unabhängiger Staat wäre vermutlich zunächst finanziell nicht besonders stark, die Konflikte würden nicht zur Beruhigung beitragen. UN-Soldaten müssten die Grenze sichern, die Transition müsste langsam stattfinden, mit der Autonomie Palästinas inklusive Polizei und Armee abgeschlossen werden.
Die Frage bleibt natürlich Gaza, ein Wespennest, in dem Armut und die Hamas herrschen. Außerdem stehen dieser Lösung die Hoffnung zehntausender Palästinenser gegenüber, teilweise ihr Grund zum Leben – die Vorstellung davon, eines Tages nach Hause zurück kehren zu können. Für uns, die wir vermutlich alle schon mal umgezogen sind, klingt das vielleicht nach einem kleinen Problem, aber die kulturelle, physische Verwurzlung spielt für einen Großteil der Menschen eine sehr große Rolle.
Ich kann also natürlich auch keine Lösung bieten. Und das steht mir auch nicht zu. Ich glaube auch nicht, dass eine der beiden Lösungen zur Zeit möglich ist, auch wenn ich das natürlich wünschenswert fände. Aber in einer Region, die so sehr zerrüttet ist von Kriegen und Gewalt, und die sich so sehr Veränderungen ausgesetzt sieht wie der Nahe Osten vor und nach dem Ende der Kolonialzeit, ist Sicherheit oftmals ein höheres Gut als Menschenrechte. Hoffentlich findet ihr etwas zum drüber nachdenken.

In Jerusalem fuhren wir mit der Straßenbahn zur Busstation, besorgten uns noch schnell Proviant und setzten uns dann in den ersten Bus nach Rishon le Ziyyon zu Dror. Ich saß neben einem ziemlich frechen religiösen Mädchen, 17 Jahre alt, wir unterhielten uns die ganze Zeit, sie war interessant und ziemlich selbstbewusst (um es mal so auszudrücken) und versuchte mich davon zu überzeugen, dass man Gottes Existenz beweisen kann (bzw. G”ttes, man darf den Namen im Judentum nicht aussprechen oder -schreiben) und dass ich zum Judentum konvertieren solle. Ich versprach, darüber nachzudenken.
Bei Dror angekommen gingen wir ziemlich schnell ins Bett, was war es wieder anstrengend gewesen! Non-Stop Reisen raubt eine Menge Kraft, aber weniger, wenn man die richtige Begleitung hat, und Sonja und ich sind schon so ein eingespieltes Team und häufig zusammen gereist, dass keine Probleme aufkamen. Das soll aber keine Kritik sein, Jan, keine Sorge.
Am nächsten Morgen frühstückten wir bei Aroma (diese Salat und Sandwiches Kette) im Gerichtsgebäude gegenüber den berühmten Jerusalem-Salat (wenngleich ohne Ei) und nahmen dann den Bus nach Tel Aviv. Wir liefen durch das eher schäbige Florentiner-Viertel zur wunderschönen Altstadt in Jaffo, über den Markt, zu meinem Lieblings-Schmuckhändler, der mir eine Kette spezialanfertigte. Am Strand zwischen Jaffo und Tel Aviv setzten wir uns in ein Strandcafé und tranken frisch gepressten Orangensaft bzw. Limonana (Grapefruit-Limonade mit frischer Minze), danach gingen wir Richtung Stadt weiter. In einer Apotheke wollten wir Mitbringsel vom Toten Meer kaufen, da fiel mir auf, dass ich meine Kreditkarte im Café vergessen haben musste! Keine große Panik, ich rief an, sie versprachen, danach zu suchen, und wir fuhren im Bus zurück nach Jaffo. Der Kellner hatte sie wirklich gefunden, ich umarmte ihn dankbar.
Auf die gefundene Karte wollten wir uns ein leckeres Dinner gönnen, also setzten wir uns bei beginnendem Sonnenuntergang in ein arabisches Fischrestaurant. Üblicherweise bestellt man en Hauptgericht und bekommt 18 (!!!) verschiedene Salate, sowie eine Karaffe Limonana und selbstgebackenes Laffabrot gratis dazu. Die Hauptgerichte sind in der Regel Fleisch oder Fisch, außerdem reichen die Salate (inkl. Humus und Falafel) durchaus aus, um eine Kleinfamilie zu sättigen. Wir konnten es gar nicht fassen (obwohl ich ja vorher schonmal in ähnlichen Restaurants gewesen war) und probierten alles (bis auf zwei Salate, einer mit Fisch und einer mit Ei). Das Gute ist ja, dass die Salate alle “Parwe” sein müssen, ohne Fleisch oder Milch, weil die Religiösen beides ja getrennt essen müssen, und wenn sie Fleisch als Hauptgericht bestellen, das Milchige sonst nicht essen dürfen. Pawe heißt aber nicht automatisch auch vegan, da Eier und Fisch ebenfalls als Parwe gelten und mit allem gegessen werden können.
Als wir schon ziemlich voll waren, kam der Kellner und sammelte die Schüsseln ein. Wir waren beide ziemlich verwundert, aber er sagte “I bring you more” und füllte einfach alles wieder auf! Als wir beide schon beinahe platzten, waren die Schüsseln noch lange nicht geleert. Zum Nachtisch bekamen wir arabischen Kaffee und süßes Gebäck (auch Parwe, aus oben genannten Gründen). Wir hatten ein bisschen Angst vor der Rechnung, da das Restaurant wirklich sehr nobel wirkte, vor allen Dingen innen, und der Hafen von Jaffo mit seinem Panorama sicher nicht günstig ist. Überraschenderweise zahlten wir für das gesamte Essen nur 10 Euro pro Person. Also – ein weiterer Tipp, am besten im Sonnenuntergang, das Restaurant “The Old Man and the Sea” besuchen.
Fast schon narkotisiert von so viel guten Essen rollten wir mehr als dass wir gingen zum Bus. In Rishon kauften wir noch einige Mitbringsel im Supermarkt ein, sowie Sekt. Als wir bei Dror ankamen, bemerkten wir, dass die Verkäuferin uns etwa 15 Shekel zu viel berechnet hatte. Mit Dror ging ich zurück, wir bekamen einen Gutschein, den Dror mir abkaufte.
Nachdem wir beide geduscht hatten, setzten wir uns auf den Balkon mit Sekt uns Sonnenblumenkernen und feierten in Sonjas Geburtstag rein, gemeinsam mit Drors Mitbewohner Daniel und später auch Dror. Nach 12 Uhr fuhren wir noch nach Ramat HaSharon, wo eine neue Bar eröffnet hatte, und trafen Drors Freund Lior, ein super netter Typ, mit dem ich kurz auf (argentinischem!) Spanisch unterhielt (ich war schon ziemlich betrunken zu dem Zeitpunkt und das tat meinem Spanisch keinen Gefallen). Die Jungs luden uns ein, wie lieb! Gegen 3 fuhren wir zurück.
Um 20 vor 7 klingelte mein Handy, noch halb schlafend stellte ich fest, dass es Steffi war, und verwundert ging ich dran – das musste ja ein Notfall sein! Es war nicht Steffi, die da von ihrem Handy aus anrief, sondern ein Mädchen namens Miri, die Steffis Tasche in Jerusalem gefunden hatte. Sie gab mir ihre eigene Nummer und ich versprach, diese an Steffi weiterzuleiten. Ich schlief wieder ein, machte mir aber schon Sorgen.
Am nächsten Morgen führte ich Sonja zum Geburstagsfrühstück in ein supernettes Café-Restaurant in der hippen Shenkin Street in Tel Aviv ein, Orna&Ella, wo es das beste vegane Shakshuka Tel Avivs gibt. Shakshuka besteht eigentlich aus einer Tomatensoße mit Spiegelei, bei Orna&Ella gibt es stattdessen “scrambled Tofu”, ein Traum, der leider wieder eine leichte Fressnarkose hervorrief, die sich nicht so super mit dem Kater verstand.
Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt und über den Carmel Markt (ich werde diese Märkte so sehr vermissen), wo ich noch Gewürze und Zitronen kaufte, kamen wir zum Strand. Ein frisch gepresster Orangensaft vertrieb die letzten Kopfschmerzen, und in der warmen Sonne ließen wir uns in den Sand fallen und gönnten uns eine Siesta. Wahnsinn, ich kann mir gar nicht vorstellen, wieder ins kalte Grau zurückzukommen...
Über Yaffo fuhren wir zurück zu Dror, ich war abends noch zu Rafael und Chen eingeladen und duschte und packte schonmal. Sonjas Flug war um 5 Uhr morgens, Dror erklärte sich netterweise bereit, sie zu fahren. Ich verabschiedete mich von Sonja, dann brachte Dror mich zum Zug. Rafael holte mich ab und wir saßen nach dem Essen noch zusammen. Morgens beim Abschied von Rafael kamen die ersten Tränen, Chen brachte mich zum Zug. Am Flughafen hatte ich noch recht viel Zeit (obgleich ich zuerst Ankufts- und Abflugtafel verwechselte und schon dachte, mein Flug sei vorverlegt worden), mein Flug war um 14:40 Uhr. Ich trank also einen letzten Cappuccino mit “Chalav Soja”, also Sojamilch, und aß eine Burekka, außerdem schrieb ich eine letzte Postkarte und schickte Lenas Handy nach Haifa, dass sie mir geliehen hatte, nachdem meins in Jerusalem geklaut worden war.
Die Sicherheitskontrolle verlief besser als mir prophezeit worden war, was bestimmt daran lag, dass sie beinahe vollständig auf Hebräisch stattfand. Niemand fragte mich nach dem Stempel aus Achsivland, wahrscheinlich kennt man ihn mittlerweile zumindest am Flughafen. Ich wurde nach meinem Stempel in Jordanien gefragt, nach den Namen von Freunden in Israel, und die übliche Frage ob ich nur mein eigenes Gepäck dabei hätte.
Von der netten Befragung ging es zur Kofferkontrolle, ich wurde zur Extra-Kontrolle geschickt, die nicht mehr ganz so freundlich war. Ich hatte Angst, dass man mir meine Zitronen und das Baklava wegnehmen wurde, aber es wurden nur meine elektronischen Geräte auf Spyware untersucht.
Als europäischer junger Mensch, der alleine reist, gehört man einer der höchsten Gefahrenstufen an, da es sich bei diesen Reisenden oft um junge Aktivist_innen handelt, die sich (mit manchmal radikalen Mitteln) für die Aufhebung der Besetzung einsetzen. Deshalb wurde ich sogar bis zum Schalter gebracht. Auch die Kontrolle des Handgepäcks zog sich ewig hin, aber hier waren alle wieder super nett, stritten sich darüber, ob ich denn nun Hebräisch spräche oder nicht und warfen ab und zu ein paar deutsche Wörter ein. Ich bin ziemlich sicher, dass mein “persönlicher” Kontrolleur ein bisschen mit mir flirtete, süß!
Endlich fertig, machte ich noch ein paar Einkäufe im Duty Free Shop, dann ging ich zum Gate B3. Vorm Boarding schrieb ich noch ein bisschen weiter an diesem Blog, dann ging es ins Flugzeug.
Bereits auf der Gangway begann meine Unterlippe ein bisschen zu zittern, sobald ich aber auf meinem Sitz Platz genommen hatte, ging überhaupt nichts mehr, und ich ließ den Tränen bestimmt eine Viertelstunde freien Lauf. Erst als die Anschnallzeichen ausgingen und Getränke gebracht wurden, hatte ich mich wieder beruhigt. Ein letzter Blick auf Tel Aviv und das wunderschöne Mittelmeer, Tschüss Palmen, Tschüss Sonne, Tschüss du kleines, buntes, verrücktes und oft auch so tragisches Land, dass für mich so sehr Heimat geworden ist. Tschüss, all ihr wunderbaren Menschen, die ich kennen gelernt habe, und die mir so viel gegeben haben. Auf Wiedersehen, Lehitra'ot, Salam. Bitte vergiss mich nicht!

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